Die Rote Ampel

Die Rote Ampel – Freund oder Feind?

Bei der Vorlesung in Potsdam vor einigen Wochen sprach ich unter anderem auch über TDD, Test-Driven Development und darüber, dass ich mich bei der Arbeit mit TDD über rote Ampeln freue. Einer der Studenten sprach mich darauf an, er fand es seltsam, dass man sich über rote Ampeln freuen kann.

Tatsächlich habe ich mich in den 15 Berufsjahren im Projektmanagement nur selten über rote Ampeln gefreut. Wo ist der Unterschied?

Die roten Ampeln, die mich früher geärgert haben, machte jemand anders, oft ein Qualitätsmanager, und sprach dabei über mich oder mein Team. Die meisten Menschen fühlen sich in so einer Situation angegriffen und gehen in eine innere Verteidigungshaltung. Die resultierenden Diskussionen sind oft eher laut als nützlich.

Rote Ampeln im TDD (und in vielen anderen Kontexten, übrigens) mache ich für mich, als Erinnerung daran, dass noch etwas zu tun ist. Ich brauche mich gegen niemanden verteidigen, ich stelle einfach – für mich – fest, es gibt Arbeit. Na und?

Ähnlich funktionieren beispielsweise Burn-Down-Charts in Scrum oder Kanban-Karten in der Produktion. Es ist „nur“ ein Signal von „uns“ an „uns“.

Hier ist ein Schlüssel für Hochleistungsteams: Kommen in Deinem Team die roten Ampeln subjektiv gefühlt von „außen“ (und führen zu Verärgerung), oder kommen sie gefühlt von „innen“ (und Du erlebst sie als Unterstützung)? Wie reagierst Du darauf?

Hochleistungsteams organisieren sich so, dass sie voll auf ihr Ziel fokussiert sind – und dazu gehört, dass sie ihre eigenen Warnmechanismen haben, falls sie das Ziel zu verfehlen drohen. Aus diesem Fokus aufs Ziel ergibt sich dann auch ein konstruktiver Umgang mit Feedback (beispielsweise roten Ampeln). Darüber bald mehr in einem anderen Artikel.

Etwas neues, irgendwas

Neues machen ist, auf eine gewisse Weise, das Gegenteil einer Gewohnheit. Das bedeutet, wer seinen Alltag stark nach Gewohnheiten und regelmäßigen Abläufen organisiert, hat seinem Gehirn das Generieren von Neuem abtrainiert.

Zum Glück funktioniert der Mechanismus auch umgekehrt, und jeder kann sich jederzeit dazu entscheiden, sein Gehirn wieder auf das Generieren von Neuem einzustellen. Der Einstieg ist leicht, und am leichtesten bei kleinen Dingen: Zähne putzen mit der anderen Hand zum Beispiel.

Auch Erfahrungen „draußen“ helfen uns, mehr und mehr Neues zu entdecken. Als ich in Indien war und auf das Auto zuging, sprach mich der Fahrer an: Ob ich fahren möchte? – Natürlich … in Indien wird links gefahren und rechts gelenkt. Als ich also in alter Gewohnheit auf die Beifahrerseite zugehen wollte, hatte ich einfach so die Fahrerseite erwischt, denn es ist ja sozusagen umgekehrt. Es war sowieso ungewohnt, mich fahren zu lassen – und es war toll.

Das berühmte Kinderspiel „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ hilft, Wahrnehmungsfilter aufzuweichen und zu verändern. Wo sind Ihre Wahrnehmungsfilter? – Eher bei kleinen Dingen, eher bei großen? Eher bei farblosen Dingen oder eher bei bunten? Bei Dingen die weiter weg sind, oder bei Dingen die nah sind? So wird das Ausloten der eigenen Wahrnehmungsfilter buchstäblich zum Kinderspiel.

Also: Wann steigen Sie zum nächsten Mal „falsch“ ins Auto ein?

Jede kleine Änderung trainiert unseren Denkmuskel ein wenig um, und sobald wir die Gewohnheit haben, etwas neues zu machen, haben wir’s geschafft.

Brillantfeuerwerk jetzt auch bei iTunes und Podster

Seit Mitte Oktober gibt es eine weitere BrillianTeams-Produktion: Den Podcast „Brillantfeuerwerk“. In diesem Podcast bespricht Josef Dietl mit Ruth Gröne Themen rund um Innovation und Teamwork – teils an Beispielen aus dem Fach, oft auch an Beispielen aus dem Alltag. So beschäftigten wir uns bisher mit Fragen wie „was hat ein Hochleistungsteam mit Grillen zu tun?“, oder „wie geht gute Laune?“ – Wir freuen uns über Feedback und Themenwünsche.
Abonnier den Podcast bei iTunes hier oder bei Podster hier.

Josef Dietl über „Kick-Off“ @ Hasso-Plattner-Institut

Vor einigen Tagen hielt Josef Dietl im Rahmen der Vorlesung Softwaretechnik II am Hasso-Plattner-Institut (HPI) die Vorlesung „Project Kick-Off: Development Process & Collaboration Infrastructure“. Die Vorlesung war so aufgebaut, dass sie die Studenten sowohl über die Gegebenheiten in ihrem Projekt informieren als auch nachhaltig motivieren sollte, und diese Absicht hat Josef Dietl brillant umgesetzt: in der anschließenden Übung konnte zum ersten Mal eine Gruppe nicht nur den kompletten vorgegebenen Arbeitsvorrat abarbeiten sondern darüber hinaus auch eine weitere, selbst gestellte Anforderung vollständig umsetzen. Das Aha-Erlebnis hatten diesmal nicht die Studenten… So gelang uns buchstäblich ein Lehrstück über eines der Kern-Themen von BrillianTeams: die Bedeutung von Motivation in der Software-Entwicklung.
Das HPI stellt ein Video der Vorlesung hier zur Verfügung.